Altes Gymnasium Bremen

Außerdem sind Menschen doch gleich

„Uns ist natürlich daran gelegen, dass auch sie regelmäßig am Unterricht teilnehmen“, betont Christian Dreyer, der Koordinator für Moderne Fremdsprachen am Alten Gymnasium. Allerdings stellen er und seine Kolleginnen und Kollegen die Eigenverantwortung der Jugendlichen in den Mittelpunkt. „Sie wollen schließlich alle etwas lernen, und dafür müssen sie eben auch etwas tun.“
Gemeinsam mit ihren deutschen Mitschülern unternehmen die Gastschüler während ihres zwei- bis sechsmonatigen Aufenthaltes vieles, von einer Stadtführung durch Bremen bis zum Besuch in Berlin ist so ziemlich alles dabei. „Mir haben die Innenstadt und der Werdersee sehr gut gefallen“, sagt die 16-jährige Chloë, die bei ihrer deutschen Mitschülerin Johanna in der Neustadt untergekommen ist. Die beiden Mädchen haben sich beinahe gleichzeitig beworben und sind im Internet aufeinander getroffen. „Chloë hat meine Kleinanzeige gelesen, und wir haben gleich gemerkt, dass wir gut zusammenpassen“, erzählt Johanna, die derzeit die neunte Klasse des AG besucht. Nachdem sämtliche Formalitäten geklärt waren, nahm sie ihre neue Freundin gleich mit „zum Chor, zu meinen Freunden und eben überall dahin, wo wir gut feiern können“.
Spontane Sympathie
 Der 15-jährige Maximilian aus Habenhausen hat das Foto der gleichaltrigen Camille aus La Rochelle im Westen Frankreichs gesehen und fand sie sehr sympathisch. „Ich war sofort angetan von ihr“, sagt er, „und wir harmonieren auch tatsächlich sehr gut miteinander.“ Wie einige seiner Schulkameraden nimmt auch Maximilian an dem Austausch teil, weil er „die Welt auf eigne Faust erkunden möchte“. Seine Eltern hätten ihn stets in seinem Vorhaben bestärkt, „weil sie davon überzeugt sind, dass ich dadurch sehr früh sehr eigenständig werde“. Angst vor dem sechsmonatigen Aufenthalt beim Gegenbesuch in der Gastfamilie Camilles im kommenden Jahr habe er nicht. „Im Gegenteil, ich freue mich schon sehr darauf, das wird bestimmt ein echtes Abenteuer.“
Für den 15-jährigen Janis aus der Bahnhofsvorstadt kommt sein neuer Kumpel Gabin aus Poitou-Charentes gerade wie gerufen. „Wir verfolgen die WM und ziehen uns gegenseitig auf, wenn die andere Nationalmannschaft nicht so gut spielt“, sagt der 16-jährige Gabin schmunzelnd. Wie ihre übrigen Austauschschüler haben auch die beiden Jungs festgestellt, dass viele Klischees überhaupt nicht stimmen. „Die Deutschen essen gar nicht so viel Wurst, wie viele Franzosen denken“, sagt Gabin, während Janis lachend hinzufügt, „dass ihr auch gar nicht so viel Rotwein trinkt, wie hier immer alle glauben“.
Außer über Sport, Kultur und Freizeit tauschen sich die Jugendlichen auch über Politik aus. „Es ist mir richtig peinlich“, versichert Gabin, „dass bei der Europa-Wahl so viele Franzosen rechts gewählt haben.“ Er und seine Mitschüler sähen sich als Europäer, „außerdem sind doch alle Menschen gleich“. Vor wenigen Monaten habe er eine Freundin in Bremen gefunden, „auch das verbindet noch stärker über alle Grenzen hinweg“.
Bevor der Austausch endet, sind alle Schüler am Mittwoch, 25. Juni, zu einem Empfang im Rathaus eingeladen, einen Tag zuvor laden die französischen Gäste ihre Gastgeber und deren Freunde für 19 Uhr zu einer „Soirée Française“ ins Alte Gymnasium, Kleine Helle 7, in der Bahnhofsvorstadt ein.
 In kleinen Gruppen haben sie eine „Tour de France“ vorbereitet, bei der den Gästen neben französischer Kultur und dem „Joie de vivre“, also der Lebensfreude auch zahlreiche selbst zubereitete Spezialitäten serviert werden. „Die Schüler sind schon in heller Aufregung“, hat Lehrer Christian Dreyer festgestellt, „das wird ein toller Abend.“

Christian Markwort (Weser-Kurier) ... 22.06.2014

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