Altes Gymnasium Bremen

Berühmte Persönlichkeiten am Alten Gymnasium

"Anno 1528 is tho Bremen ein frey Schole angerichtet dorch den erbaren Radt" - so lautet die Nachricht über die Gründung des Alten Gymnasiums in einer alten Chronik. Nahezu 500 Jahre also existiert unsere Schule schon, und sie hat eine wechselvolle Geschichte. Die "Schola Bremensis", wie sie damals hieß, war eine Frucht der Reformation. Mit der Einführung des neuen Glaubens wurden auch die bis dahin für die Bildung zuständigen Klosterschulen aufgelöst. Nun- sollten sich die Obrigkeiten in Stadt und Land - so die Aufforderung des Reformators Martin Luther - um die Erziehung und Bildung der Kinder und Jugendlichen kümmern. Zunächst stand in der neuen "Gelehrtenschule", die in den Räumen des ehemaligen Dominikanerklosters in der Katharinenstraße unterkam, das Studium der für Verständnis der Bibel wichtigen alten Sprachen im Vordergrund: "Lectiones in derhebreischen, grekschen und latinischen Sprache". Einige Jahrzente später öffnete Bürgermeister Daniel von Büren die Schule auch für die Sprößlinge der "gemeinen Bürgersleute", und der Rat beschloß einen Lehrplan, der "fundamenta Pietatis, Latinae linguae, Arithmeticae et Musicae" beinhaltete. Nachdem die Schule in eine Krise geraten war, gliederte der Rat die Anstalt im Jahre 1610 neu: Neben einer sechsklassigen "Basisschule", dem sogenannten "Paedagogeum", stand das darauf aufbauende "Gymnasium illustre", das ein Hochschulstudium in den vier klassischen Fakultäten Theologie, Jurisprudenz, Medizin sowie Philosophie und Philologie ermöglichte. Diese "Gymnasium illustre" genoß einen guten Ruf und zog Studenten von überallher an. Im 18. Jahrhundert begann jedoch ein allmählicher Niedergang der Hochschule. Die Konkurrenz anderer Universitäten wie Göttingen und die nachlassende Bedeutung eines christlich-konfessionell geprägten Hochschul-Bildungsganges entzogen dem "Gymnasium illustre" nach und nach den Boden, so daß das "Paedagogeum" immer mehr in den Vordergrund rückte.

Hermann Entholt zeichnet in seiner 1928 erschienenen Schulgeschichte ein anschauliches Bild von den dort herrschenden Zuständen:
(Die Schüler) kamen oft schon als zarte Pflänzgen im Alter von drei Jahren... Um 1600 wurden sie selbst sonntags unausgesetzt beschäftigt, mit mehrmaligem Kirchgang und schulmäßigem Unterricht über das Gehörte, und noch 1749 saßen zum Beispiel die Quartaner von morgens 7 Uhr bis abends 7 Uhr in der Schule, bei nur einstündiger Mittagspause. Dafür rächten sie sich dann durch Tumultieren, Steinwerfen und unmenschliches Brummen ... Das Schreiben geschah auf den Knien, wenn nicht gar auf den Bänken, da noch keine Tische vorhanden waren. Geographie wurde so gelehrt, daß nur das Lehrbuch vorgelesen wurde, ohne jede Landkarte. Mathematikunterricht gab es lange Zeit überhaupt nicht, da man keinen geeigneten Lehrer dafür besaß... Natürlich redeten die Knaben untereinander stets plattdeutsch, die Pöbelsprache, wie die Lehrer sagten...

Als Lehrkräfte am Paedagogeum dienten fast ausschließlich arme Theologiekandidaten, die nebenbei noch Privatstunden erteilen mußten, um finanziell auch nur einigermaßen über die Runden zu kommen.

Um 1800 besaß Bremen neben dem Paedagogeum noch eine weitere höhere Schule, das von Lutheranern im vorwiegend calvinistisch geprägten Bremen gegründete Lyceum.

Als der spätere Bürgermeister Johann Smidt als Scholarch für das Bildungswesen verantwortlich wurde, organisierte er die Bremer Oberschulen neu. Er faßte 1817 Paedagogeum und Lyceum zu der aus drei Zweigen bestehenden Allgemeinen Gelehrten-Handlungs- und Vorschule, später kurz Hauptschule genannt, zusammen.

Die Basis bildete die Vorschule, in der Jungen vom 8. bis zum 14. Lebensjahr in Religion, Deutsch, Latein, Französisch, Geschichte, Geographie, Naturkunde, Mathematik und Zeichnen unterrichtet wurden. Als Wahlfächer kamen im letzten Vorschuljahr Englisch und Griechisch hinzu. Danach konnten die Zöglinge dann entweder die Handelsschule besuchen, die auf den Kaufmannsberuf vorbereitete, oder die bald Gymnasium genannte Gelehrtenschule, die die Voraussetzung für das Universitätsstudium schuf. Vorschule und Handelsschule wurden in einem Gebäude der Domdechanei an der Domsheide untergebracht, dem sogenannten Eschenhof. Die Gelehrtenschule blieb vorerst noch in den Räumen des Lyceums im Kapitelhaus am Dom, fand aber 1857 ebenfalls im Eschenhof Platz und wurde nun Gymnasium genannt.

1875 dann bezogen alle drei Zweige der Hauptschule einen klassizistischen Neubau, der an der Dechanatstraße errichtet wurde und der die Schule bis 1987 beherbergte. 1886 wurde die Vorschule aufgelöst und größtenteils den beiden anderen Schulen angegliedert. Und wenig später wurde die Handelsschule zur Oberrealschule umbenannt.

Das Gymnasium erhielt den offiziellen Namen Altes Gymnasium

Jetzt umfaßte die Hauptschule im Bau an der Dechanatstraße mit dem Gymnasium und der Oberrealschule nur noch zwei Schulzweige, die nun aber über neun Klassenstufen von der Sexta bis zur Oberprima verfügten. Wachsende Schülerzahlen und Veränderungen des Schulwesens im Deutschen Reich veranlaßten den Senat 1905 dazu, das höhere Schulwesen Bremens erneut umzuorganisieren: Das Gymnasium erhielt jetzt den offiziellen Namen Altes Gymnasium. Ihm wurden mit dem Neuen Gymnasium am Barkhof und dem Realgymnasium an der Kaiser-Friedrich-Straße (heute Hermann-Böse-Straße) zwei weitere Bildungseinrichtungen an die Seite gestellt, die zum Abitur führten.

Während des Dritten Reichs konnte das Alte Gymnasium sich den Versuchen zur Gleichschaltung nicht völlig widersetzen, das humanistische Profil der Schule blieb jedoch im wesentlichen erhalten. Und viele Lehrer und Schüler wahrten eine innere Distanz zum Geist der Zeit. Nach dem Krieg, in dem die Schule mit nicht allzu gravierenden Schäden durch Bombardierung davongekommen war, wurde der Lehrbetrieb wieder aufgenommen, allerdings erwies sich das Gebäude bald als zu klein, so daß die Oberrealschule 1958 in die Parsevalstraße verlegt wurde. Doch die Raumnot blieb; außerdem verfiel das Gebäude, das durch die Stadt lange vernachlässigt worden war. Daher verfügte der Senat im Zuge eines Programms zur Schließung zahlreicher Bremer Gymnasien die Umsiedlung des Alten Gymnasiums in das Gebäude des inzwischen geschlossenen Gymnasiums an der Kleinen Helle.

Von den Wilden Jahren bis zur Gegenwart

Bis 1968 war die Welt am Alten Gymnasium noch in Ordnung

Trotz der Möglichkeit, Griechisch durch Französisch zu ersetzen, blieb das AG bis in die 60er Jahre ein weitgehend humanistisch geprägtes Gymnasium. Die Schüler rekrutierten sich vorwiegend aus der bildungs- und besitzbürgerlichen Elternschaft Schwachhausens und Oberneulands.

Protestbewegungen stellten das Gymnasium in Frage

Ende der 60er deutete sich aber auch ein Wandel an, welcher durch die 68er Schüler- und Studentenbewegung und die Bildungsreformen der sozialliberalen Ära bewirkt wurde. Schüler und Eltern forderten und bekamen Mitbestimmung bei Unterrichtsinhalten und Schulstruktur, die autoritären Umgangsformen wurden zurückgedrängt und eine allgemeine Politisierung der Schülerschaft und von Teilen des Lehrerkollegiums machte sich breit. Das alles führte zu mancherlei Konflikten zwischen Schülern und Lehrern, innerhalb des Kollegiums sowie zwischen Lehrern und Eltern. Manche davon sahen ihre Schule gefährdet und wichen mit den Kindern auf das neu gegründete Gymnasium Horn aus oder beteiligten sich an der Gründung eines privaten (ökumenischen) Gymnasiums. So sanken Anfang der 70er Jahre die Anmeldungen auf ein bedenklich niedriges Niveau.

Diese Entwicklung konnte durch Reformmaßnahmen von innen und außen abgewendet und anschließend ins Gegenteil gekehrt werden. Alle Gymnasien verloren die 5. und 6. Klassen, die Schule verordnete sich (vor der bundesweiten KMK-Regelung) ein Kurssystem für die Oberstufe und konnte ihren Charakter als durchgängiges Gymnasium trotz Umwandlung des bremischen Schulwesens in eine Stufenschule bewahren. Mit der Neugestaltung der Gymnasialen Oberstufe vor gut 20 Jahren bekam das AG dann eine Struktur, die es nur noch graduell von anderen Gymnasien unterscheidet.

Seit etwa 20 Jahren laufen auch die Debatten um Einsparungen im Bildungsbereich, d.h., man versucht, mit weniger Lehrern mehr Schüler zu versorgen, Kürzungen bei den Sach- und Lernmitteln vorzunehmen und bauliche Renovierungsmaßnahmen zu verringern.

Sparmaßmahmen statt Reformen

Materielle Gründe waren es auch, die Mitte der 80er Jahre die Schulbehörde veranlaßten, dem Alten Gymnasium einen Standortwechsel von der Dechanatstraße in die Kleine Helle zu verordnen. Das dort in einem intakten Gebäude ansässige Gymnasium wurde geschlossen. Die Sanierung des inzwischen maroden Schulgebäudes in der Dechanatstraße war für die Stadt Bremen zu teuer, konnte aber mit 50% Bundesmitteln durchgeführt werden, sofern eine zuschußfähige Hochschule dort Einzug hielt. So geschah es schließlich, obwohl eine erbitterte Auseinandersetzung zwischen Schule und Senatsbehörde vorangegangen war.

Die 450-Jahrfeier im Jahre 1978 wurde angesichts Stufenschule und Schulschließungen allgemein als Schlußakt der Anstalt begriffen und sinnfällig auf einem Schülerplakat bei der Jubiläumsveranstaltung vorgetragen:

Wir grüßen Sie, Senator T
(id est Thape)
als Totengräber des AG

Totgesagte leben bekanntlich länger; und so stellt sich die Schule heute, gut 10 Jahre nach dem Umzug, nimmt man die Schülerzahlen der 90er als Indiz, bei bester Gesundheit dar. Nie war das AG so gefragt wie heute, es bietet von allen bremischen Gymnasien das breiteste Bildungsangebot, wer will, kann sogar noch mit Latein und Griechisch sein humanistisches Abitur ablegen, der Unterricht läuft in vergleichsweise geordneten Bahnen ab, und die Schüler kommen nun, 30 Jahre nach der kulturellen Wende, aus allen bremischen Regionen und sozialen Schichten.